Jahrelang waren die Probleme der Griffin-Mieter in Dortmund und Castrop-Rauxel Dauerthema in der Öffentlichkeit. Im Mai 2013 wechselte die finanziell angeschlagene Fondgesellschaft Griffin Rhein-Ruhr mit ihren rund 4.900 Wohnungen den Eigentümer.
Für die Mieter wäre der Eigentümer-wechsel im Verborgenen geblieben, wenn nicht der Mieterverein im Hintergrund den Verkaufsprozess verfolgt und Informationen zum neuen Eigentümer – dem Schweizer Finanzinvestor Corestate – öffentlich gemacht hätte. Gegenüber dem Mieterverein Dortmund und dem Westerfilder Mieterbeirat zeigte sich Corestate in nachfolgenden Monaten erfreulicherweise gesprächsbereit. Pünktlich zum Weihnachtsfest ließ der Finanzinvestor jedoch keinen Zweifel daran, wohin der Weg gehen wird. Zahlreichen Dortmunder Griffin-Mietern flatterte eine saftige Mieterhöhung ins Haus. Lediglich die Bestände in Westerfilde und Castrop-Rauxel blieben diesmal verschont. Gleichzeitig kam es zur Umbenennung der Eigentümergesellschaften von Griffin auf „Greet 3 GmbH & Co. KG“ bzw. „Greet 4 GmbH & Co. KG“. Wer hinter diesen Gesellschaften steht, verriet Corestate den Mietern nicht. Auch der Wechsel der Hausverwaltung wurde angekündigt. Ab Jahresbeginn ist die Capera-Immobilien Service GmbH Ansprechpartnerin für die Mieter. Sie steht Corestate nahe und wurde 2013 von dem Immobilienunternehmen selbst gegründet.
Mieterhöhungen
Die Prüfung der Mieterhöhungen durch den Mieterverein ergab, dass zahlreiche Forderungen fehlerhaft und in der Höhe nicht gerechtfertigt sind. „Die Mieterhöhungen sind schlampig bearbeitet“, erläutert Rechtsanwalt Martin Grebe, Leiter des Bereiches Miet- und Wohnungsrecht beim Mieterverein Dortmund. „Angegebene Schallschutzfenster und Balkone, die gar nicht vorhanden sind, fehlende Adressaten oder eine vergessene Fernwärmeversorgung sind häufige Fehler. Doch damit nicht genug. „Bei allen dem Mieterverein bekannten Corestate-Mieterhöhungen wurde ohne Begründung der Oberwert der jeweiligen Mietpreisspanne als ortsüblich bezeichnet. Bereits dies steht im Widerspruch zur Dortmunder Rechtsprechung. Damit will das Unternehmen die Mieterlöse nach oben schrauben“, erklärt Grebe. So soll beispielsweise eine Mieterin aus Dortmund-Nette 0,72 Euro/m² über dem Mittelwert und damit gut 37 Euro im Monat mehr zahlen, als es der Mietspiegel vorsieht. Corestate folgt damit dem Beispiel des Immobilienriesen LEG Wohnen und dessen rechtsmissbräuchlicher Anwendung des Dortmunder Mietspiegels.
Im Januar informierte der Mieterverein Dortmund die betroffenen Mieter in vier Mieterversammlungen in den betroffenen Stadtteilen über ihre Rechte und empfahl die sorgfältige Prüfung der Mieterhöhungen. Die Folge: Zahlreiche Mieter legten Widerspruch gegen die augenscheinlich fehlerhaften und damit unberechtigten Mieterhöhungen ein. „Antworten von Corestate bzw. der Hausverwaltung Capera haben wir bisher noch nicht erhalten. Wir erwarten, dass Corestate im Interesse der Mieterinnen und Mieter die überhöhten Forderungen zurücknimmt“, kommentierte Mietervereins-Geschäftsführer Rainer Stücker die aktuelle Situation Ende Februar.
Auf den Mieterversammlungen machten sich die Mieter ihrem Ärger Luft. Corestate verschicke Mieterhöhungen, dringende Instandhaltungsarbeiten an den Wohnungen würden aber weder durchgeführt noch seien diese angekündigt. Ende Januar legte Corestate nach und informierte Mieter in Nette, Huckarde, Jungferntal und Hörde über Umfang und Zeitraum geplanter Instandsetzungsarbeiten. Die Maßnahmen wie Fassadenanstriche, die Erneuerung von Eingangsbereichen, Renovierung der Hausflure und Einbau von Gegensprechanlagen lassen aber befürchten, dass es sich in erster Linie um ein optisches „Aufhübschen“ des Bestands handelt.
Neuer Finanzinvestor
„Die Investitionen von Corestate dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Unternehmen die Wohnungen nur wenige Jahre in seinem Besitz halten wird, um sie dann weiterzuverkaufen“, stellt Mietervereins-Geschäftsführer Rainer Stücker fest. „Corestate ist nach eigenen Angaben ein klassischer Finanzinvestor. Die Stabilisierung des Wohnungsbestandes dient nur dem erneuten Verkauf. Mit einer langfristig orientierten Bestandsbewirtschaftung und wirklich zukunftsfähigen Sanierung der Wohnungen hat dies nichts zu tun.“
Wirft man einen Blick auf die Wohnungsverkäufe des vergangenen Jahres, ist ein klares Muster erkennbar: Handlungsfähige Finanzinvestoren, ausgestattet mit „frischem Kapital“ – etwa durch einen Börsengang – erwerben Bestände „abgestürzter“ Finanzinvestoren. So auch bei Griffin. Ein lohnendes Geschäft, denn infolge der sogenannten Staatsschuldenkrise ist das Interesse an Wohnimmobilien als Kapitalanlage international wieder stark gestiegen. Und diese Bestände sollen den internationalen Geldanlegern Rendite bringen. Eine Entwarnung für die Mieter bedeutet dies sicher nicht, wie die zahl-reichen Mieterhöhungen zeigen. (ts)
Die Vorgeschichte
Die ursprünglich 5.236 Griffin-Wohnungen gehörten bis 2005 der Viterra, der damaligen Immobilientochter des E.ON-/VEBA-Konzerns. Anfang 2006 kaufte der dänische Fond „APS II NRW“ über einen Zwischenerwerber die mittlerweile „Velvet-Portfolio“ genannten Wohnungen. Griffin-Rhein-Ruhr war entstanden und kam nie auf die Beine. Mit der Finanzkrise 2007 war die Zeit der günstigen Kredite vorbei und machte einem Weiterverkauf der Wohnungen einen Strich durch die Rechnung. Dabei hatte der dänische Fonds weder Erfahrung auf dem örtlichen Wohnungsmarkt, noch ausreichendes Wissen über den Zustand der Wohnungen. Insgesamt vier Hausverwaltungen gaben sich die Klinke in die Hand. Geld für notwendige Sanierungen wurde nur selten investiert. Und wenn doch, dann meist zu spät. Oder es wurde für nicht geeignete Maßnahmen verbrannt. Instandhaltungsstau, keine oder unzureichende Mängelbeseitigung und fehlerhafte Betriebskostenabrechnungen gehörten zum Alltag der Griffin-Mieter. In Westerfilde lag die Leerstandsquote bereits Mitte 2008 bei 15 bis 20%. Der Mieterbeirat wurde ins Leben gerufen. 2011 erfuhr der Mieterverein, dass der dänische Fonds seine Kredite für Griffin nicht termingerecht zurückzahlen konnte. 2012 war klar dass der Verkauf zum Höchstpreis ansteht, um die Ausfälle bei den Banken so gering wie möglich zu halten. Im Mai 2013 griff Corestate dann zu. Und ein Ende der Verkaufsspirale ist nicht in Sicht. (ts)
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