Noch im Herbst sprach Bundeskanzler Olaf Scholz von einem „Doppelwumms“. Doch statt mit einem zünftigen Knall kamen die Energiehilfen des Bundes am 15. Dezember nach langem Gezerre und einem Schlingerkurs dann eher mit einem müden Zischen über die Ziellinie „Bundestagsabstimmung“ gekrochen. Immerhin: Mit 200 Mrd. Euro fällt das Entlastungspaket nicht gerade kleinlich aus. Die wichtigsten Komponenten sind Preisbremsen für Strom, Gas und Fernwärme. Wir sagen, mit was genau Sie rechnen können und ob Sie etwas dafür tun müssen.
Eine der häufigsten Kritiken an den geplanten Preisbremsen war, dass sie den Anreiz zum Energiesparen minimieren. Da die Energie aber knapp ist, muss gespart werden. Die Lösung dieses Zielkonflikts soll nun darin bestehen, dass die Preisbremsen nur für 80 % des Jahresverbrauchs gelten, der Grundlage für den Abschlag des Monats September 2022 gewesen ist. Wer es also schafft, seinen Energieverbrauch um 20 % zu senken, für den bleiben die Kostensteigerungen in einem halbwegs erträglichen Rahmen – was meist „nur“ eine Verdoppelung bedeutet. Für alles, was über diese 80-Prozent-Grenze hinausgeht, werden dagegen die „Marktpreise“ berechnet, und die können happig sein. „Warmer Pulli statt 23 Grad Raumtemperatur“ bleibt also Tipp Nummer 1 für kostengebeutelte Haushalte.
Für diese 80 % des Jahresverbrauchs gelten ab 1. Januar Preisobergrenzen.
- beim Gas: 12 Cent pro kWh
- bei der Fernwärme: 9,5 Cent pro kWh
- beim Strom: 40 Cent pro kWh
Wirksam wird das Ganze aus technischen Gründen erst zum 1. März, dann aber rückwirkend zum 1. Januar.
Wichtig: Vermieter:innen und Energiever-sorger:innen sind verpflichtet, die Entlastungen sofort an die Haushalte weiterzugeben, nicht erst mit der nächsten Abrechnung. Das heißt: Die monatlichen Abschläge müssen angepasst werden. Passiert das bei Ihnen nicht, sollten Sie sich beschweren.
In manchen Häusern wird mit Energieträgern geheizt, die man nicht laufend bezieht, sondern einzeln kaufen und liefern lassen muss: Öl, Holzpellets oder Flüssiggas. Auch hier sind die Preise in diesem Jahr stark gestiegen. Beim Heizöl lagen sie in einigen Monaten des Jahres 2022 über dem Doppelten des Durchschnitts vom Vorjahr. Wer genau in dieser Zeit kaufen musste, bekommt nun Entlastung in Höhe von 80 % der Summe, die über das Doppelte des „Referenzpreises“ von 2021 hinausgeht. Auch hier gilt, dass Vermieter:innen die Entlastung an ihre Mieter:innen weitergeben müssen, und zwar nicht erst mit der nächsten Heizkostenabrechnung, sondern schon bei den monatlichen Abschlägen.
Alle diese Hilfen greifen erst ab März 2023, wenn dauch rückwirkend zum 1. Januar. Aber der Winter ist dann schon fast vorbei. Deshalb hat der Bundestag schon im November eine Soforthilfe beschlossen, auch „Dezemberhilfe“ genannt. Sie besteht darin, dass der Staat für Dezember 2022 die Gas- und Fernwärmekosten übernimmt. Als Referenz wurde der Abschlag im September gewählt. Zwischenzeitliche Anpassungen wurden nicht berücksichtigt. Für die Kund:innen sah das so aus, dass die Energieversorger:innen den Abschlag für den Monat Dezember gar nicht erst eingezogen haben.
Wenn man Direktkund:in bei einem Energieunternehmen ist, also zum Beispiel Bewohner:innen von Einfamilienhäusern oder Mieter:innen mit Etagenheizung, dann wirkte sich das sofort aus. Im Dezember wurde Geld gespart. In Mehrfamilienhäusern mit Zentralheizung ist die Sache komplizierter. Hier verpflichtet das vom Bundestag beschlossene Gesetz die Vermieter:innen lediglich, die Dezemberhilfe bei der nächsten Heizkostenabrechnung zu berücksichtigen. Für Mieter:innen heißt das konkret: Sie sehen erstmal kein Geld.
Eine Ausnahme besteht nur, wenn seit dem 19. Februar 2022 bereits die Heizkostenvorauszahlungen erhöht wurden oder der Mietvertrag abgeschlossen wurde. In diesem Fall darf die Erhöhung der Vorauszahlungen einmalig einbehalten, bzw. dürfen die Vorauszahlungen um 25 % gekürzt werden.
Der Deutsche Mieterbund (DMB) hat hier bereits eine Gerechtigkeitslücke angemahnt. Klar ist aber auch: Für Mieter:innen in Mehrfamilienhäusern mit Zentralheizung kommt der „Heizkostenschock“ ja mit Verspätung – nämlich mit der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2022. Dann wird für viele eine hohe Nachforderung fällig. Wenn in dieser Abrechnung nun die Dezemberhilfe berücksichtigt werden muss, fällt die Nachforderung geringer aus – eigentlich sinnig.
Zum 1. Januar 2023 wird das Wohngeld deutlich erhöht und der Kreis der Anspruchsberechtigten verdreifacht. Mit ins Wohngeld aufgenommen wird dann auch eine Heizkosten- und eine Klimakomponente. Deshalb heißt es dann „Wohngeld+“.
Und noch eine Neuerung zum Jahreswechsel: Ab dem 1. Januar 2023 wird das Arbeitslosengeld II – im Volksmund Hartz IV genannt – abgelöst durch das neue Bürgergeld. Der Regelsatz wird dabei von 449 auf 502 € erhöht, ein paar Sanktionen abgeschafft und das Schonvermögen erhöht. Außerdem können neue Antragsteller:innen jetzt bis zu zwei Jahren in einer unangemessen teuren Wohnung bleiben, bevor sie eine Kostensenkungsaufforderung bekommen. Ansonsten haben sich die Regeln für die Kosten der Unterkunft aber nicht verändert.
Der große Unterschied zur 2004 abgeschafften Arbeitslosenhilfe bleibt aber, dass der Regelsatz keinen Bezug zum früheren Einkommen hat. Ob deshalb eine neuer Name gerechtfertigt ist, wird von Kritikern bezweifelt.
Wichtig besonders für Menschen, die normalerweise kein Bürgergeld beziehen: In dem Monat, in dem eine Heizkostenabrechnung mit einer hohen Nachforderung kommt, kann eine Berechtigung zum Bürgergeld-Bezug bestehen. Darüber hatten wir bereits in der letzten Ausgabe berichtet.
Kontakt | Sitemap | Datenschutz | Impressum