Bilder, Fotos, eine originelle Deko: Die eigenen vier Wände zu verschönern, ist eine Selbstverständlichkeit. Der öffentliche Raum hingegen – Straßen, Plätze, Grünflächen – wird meist einfach hingenommen. "Die Urbanisten", ein Verein von jungen Stadtplanern, Pädagogen, Künstlern, Journalisten und vielen weiteren kreativen Köpfen, will dies ändern. Ambitioniert und gemeinsam mit den Bürgern.
"Die Anfänge unseres Vereins liegen im Jahr 2005", sagt Florian Artmann vom Vorstand der Urbanisten. "Wir waren damals eine kleine Gruppe von sechs Leuten, die mit offenen Augen durch die Stadt ging, und sich mit Streetart, Graffiti und anderen urbanen Künsten beschäftigte. Wir stellten fest, dass viele Menschen Interesse daran haben, ihr Viertel umzugestalten. Es wurde zu unserem Ziel, dieses Potenzial sichtbar zu machen und die Menschen zu ermutigen, sich stärker mit ihrem Lebensraum auseinanderzusetzen." Im Laufe der Zeit stießen weitere Akteure wie Raumplaner oder Kommunikationsdesigner zu dieser Gruppe. "Es war ein langer Prozess, bis wir die Frage 'Was wollen wir eigentlich?' konkret beantworten konnten“, erklärt der 30-jährige Sozialpädagoge. "Im Oktober 2010 waren wir dann so weit, als Verein anzutreten."
Die Handlungsfelder
Seitdem haben die Kreativen schon einiges angestoßen. Juliane Hagen, ebenfalls im Vorstand erklärt die Handlungsfelder der Urbanisten: "Wir versuchen auf verschiedenen Ebenen Anstöße zu geben. Das sind die Bereiche "Stadtentwicklung" – wo wir Eigentümer, Pächter und Behörden ansprechen – die "kreative Bildung", also die Zusammenarbeit mit Kindern, Jugendlichen, Senioren, Schulen und Familienzentren sowie der Bereich "Kunst und Kultur", in dem wir versuchen Künstler, Kreative, Kulturveranstalter und Förderer miteinander zu vernetzen und geeignete Veranstaltungsformate zu entwickeln. Zusätzlich gibt es noch die beiden Handlungsfelder "Social Media" sowie "Wissenschaft und Forschung", bei denen moderne Kommunikationsformen und interdisziplinäre Themen behandelt werden
Die Umsetzung
Was sich erst einmal sehr verkopft anhört, füllt die 27-jährige Raumplanerin mit lebensnahen Beispielen. "Das Projekt 'Energieverteiler' wird bestimmt schon dem einen oder anderen aufgefallen sein. Wir bieten den Menschen eine Möglichkeit, die allgegenwärtigen grauen Stromverteilerkästen nach ihren Vorstellungen zu gestalten." Rund 50 dieser Kästen wurden inzwischen verschönert. Durch Malerei, durch Fotos, durch Text – eben genauso vielfältig und bunt wie deren Gestalter. "Und in diesem Jahr wird das Projekt auf andere Quartiere und Städte ausgebaut", sagt Artmann. "Aber es geht nicht darum, diese Kästen einfach bunt zu machen. Das ließe sich relativ einfach umsetzen. Viel wichtiger ist es, dass die Bürger über die Gestaltung miteinander in Kontakt kommen, ihre Fähigkeiten zusammen schließen und sich gemeinsam für eine Verbesserung ihres Lebensumfeldes engagieren." Veränderung der Stadt von unten, aus der Basis der Gesellschaft – darum geht es den Urbanisten. Dabei arbeiten sie eng mit dem Quartiersmanagement und weiteren städtischen Akteuren zusammen. „Die Arbeit mit den Behörden funktioniert schon gut“, lobt Juliane Hagen die Verwaltung. "Fast alle unsere Projekte und Aktionen wurden entweder in Kooperation mit der Stadt angeboten oder durch die Verwaltung in Auftrag gegeben." "Da sitzen viele ganz engagierte Leute, mit denen das Arbeiten wirklich Spaß macht", ergänzt Artmann. "Die machen nicht nur ihren Job, die wollen wirklich etwas verändern."
Die Teilnehmer
Verändern wollen auch die Urbanisten. Ungenutzte und verwahrloste Orte zum Beispiel. Auf einer Freifläche an der Rheinischen Straße wurde im vergangenen Jahr ein Gemeinschaftsgarten – die Urbanoase – ins Leben gerufen. Interessierte waren eingeladen, Beete anzulegen, Blumen zu pflanzen oder Gemüse anzubauen. Wer wollte, konnte an Workshops teilnehmen, die sich aus dem Know-how der Teilnehmer ergaben: Ein Imker führte in die Bienenkunde ein, andere erklärten das richtige Kompostieren, und passend zur Erntezeit gab es einen Workshop zum Thema Einkochen und Konservieren. "Das hat sich alles aus den Reihen der Teilnehmer entwickelt", sagt Florian Artmann begeistert. "Und das ist das Spannendste an den Urbanisten. Man wirft einen Ball auf das Spielfeld und schaut zu, was die Teilnehmer daraus machen. Das ist großartig."
Die Arbeit
Wie viele andere Vereine, Initiativen und Netzwerke, die kreativ arbeiten, leben auch die Urbanisten von Ehrenamt und Engagement. "Zu Projektzeiten kann es auch schon einmal eine 40-Stunden-Woche werden", erklärt Juliane Hagen. Als Arbeitsstelle super, als ehrenamtliche Vereinstätigkeit sicherlich zu viel. Und hin und wieder auch frustrierend. "Manchmal ist es einfach anstrengend zu sehen, wie langsam Dinge umgesetzt werden und wie schwierig es ist, eine angemessene Finanzierung für eine professionelle Umsetzung von Projekten zu erhalten, die so speziell sind wie unsere Angebote."
Die Zukunft
Damit die Urbanisten auch in Zukunft als Ideengeber im öffentlichen Raum agieren können, fahren Artmann und seine Vereinsfreunde eine Doppelstrategie. Auf der einen Seite suchen sie nach wie vor Menschen, die sich im Verein engagieren möchten. Auf der anderen Seite wollen Sie ihre Angebote weiter ausbauen und gegenüber Unternehmen und Institutionen als Dienstleister auftreten. Bei entsprechender Vergütung. "So können wir professioneller mit Behörden, Institutionen und Unternehmen kommunizieren und ihnen auch größere Angebote stricken – etwa für ganze Stadtteile", sagt Florian Artmann. "Und wir wollen durch diesen Schritt auch ein Stück weit selbstbewusster agieren. Denn unsere Leistungen sind gut."
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