Die Befunde sind seit Jahren ähnlich, nur die Zahlen ändern sich: Der Wohnungsmarkt in Dortmund bleibt angespannt, gerade für Familien, Menschen mit geringen Einkommen und mit Mobilitätseinschränkungen ist es schwer, Passendes zu finden. Ein neues Wohnkonzept der Stadt Dortmund soll helfen.
Als die Corona-Pandemie begann, fragten sich die WohnungsmarktexpertInnen, ob sich eine wirtschaftliche Rezession auch auf Mieten und Immobilienpreise niederschlagen würde. Mittlerweile ist klar: Sie tat es nicht. Auch in Dortmund sind die Angebotsmieten im Coronajahr weiter gestiegen. Eine Neubauwohnung kostete nun im Mittel 11,10 Euro kalt pro Quadratmeter (+ 3,7 %), eine Mietwohnung im Bestand im Mittel 7,52 Euro (+ 1,9 %). Wer ein Einfamilienhaus baute, zahlte im vergangenen Jahr rund neun Prozent mehr als im Jahr zuvor (im Schnitt rund 520.000 Euro), wer kaufte, sogar etwa 20 Prozent mehr.
Gerade für Menschen mit kleinen Einkommen hat sich die Lage zugespitzt: Die Arbeitslosenquote war Ende 2020 mit 11,9 Prozent deutlich höher als im Jahr zuvor, und mehr Haushalte im Sozialleistungsbezug. Zugleich sind wieder rund 400 öffentlich geförderte Wohnungen aus der Preisbindung gefallen. Damit steigt die Konkurrenz um günstigen Wohnraum also gerade dort, wo der Geldbeutel schmal und die finanzielle Sorgen oft groß sind.
Nun hat die Stadt ein neues Wohnkonzept erarbeitet, das das in die Jahre gekommene Papier von 2009 ablösen und die Pfeiler für die künftige Wohnungspolitik in Dortmund stecken soll. Das Netzwerk „arm in Arm“ hatte schon zur Kommunalwahl ein neues Wohnkonzept gefordert, das Perspektiven bieten sollte, wie Menschen, die Wohnraum benötigen, an diesen herankommen. Tatsächlich konzentriert sich das neue Konzept auf den Wohnungsbau und die Verwaltungsorganisation.
2.000 neue Wohnungen sollen pro Jahr entstehen, bei der vor allem Familien, Ältere, Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und jene, die es auf dem Wohnungsmarkt schwer haben, im Mittelpunkt stehen. So soll es zum Beispiel künftig Bezahlbarkeitsanalysen für einzelne Quartiere geben. Denn: In Dortmund liegen die Angebotsmieten zwar unter denen von Köln, Frankfurt oder München, das Ruhrgebiet gilt aber auch als armutsgefährdete Region – der Mietpreis allein sagt also erstmal nicht viel über die Bezahlbarkeit. Mit einem Verdrängungs- und Gentrifizierungsmonitoring sollen außerdem schnell Stadtteile oder -bezirke auffallen, in denen soziale Verdrängung droht. Bisher, heißt es im Wohnkonzept, seien „keine gravierenden, korrekturbedürftigen Verdrängungsprozesse“ festgestellt – auch nicht im Unionviertel, das vor zwölf Jahren zum Kreativquartier ausgerufen wurde, oder in Hörde, das durch den Phoenixsee eine grundlegende Umwandlung erfahren hat. Damit ist fraglich, ob ein solches Monitoring tatsächlich helfen wird, frühzeitig zu handeln – oder ob es, wenn das Pendel „ausschlägt“, nicht schon zu spät ist.
Dass auch barrierefreier Wohnraum für SeniorInnen und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen fehlt, ist seit Jahren als Problem bekannt. Was nicht bekannt ist: wie viele barrierearme und -freie Wohnungen es eigentlich wo gibt. Das soll nun erstmals erhoben werden – was womöglich größere Anstrengungen beim barrierefreien Bauen erst einmal verzögern könnte. Insgesamt sollen Wohnquartiere so ausgestaltet werden, dass Senioren, wenn die Familie ausgezogen und das Haus zu groß geworden ist, bequem in eine passende Wohnung ziehen können, ohne ihr Quartier verlassen zu müssen. Die freiwerdenden Häuser, stünden dann Familien zur Verfügung, die innerstädtisch statt im Grünen wohnen wollen.
Will die Stadt die Bezahlbarkeit von Wohnraum steuern, ist ein wichtiger Faktor, das Heft in der Hand zu halten. Darum soll die Quote für öffentlich geförderten Wohnungsbau von 25 auf 30 Prozent steigen. Wo Private bauen, müssen künftig also mindestens 30 Prozent der Wohnungen preisgebunden sein – auf den Grundstücken, auf denen noch Planrecht geschaffen wird.
Einen größeren Schritt hat die Stadt schon im Sommer getan: Mit der Umgestaltung der Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft DSG vom formalen Konstrukt zum handlungsfähigen Unternehmen mit Personal und Geld entsteht ein neues städtisches Wohnungsunternehmen, mit dem der städtische Wohnungsbau auf sichere Füße kommen soll. Denn mit der DOGEWO, die zu 90 Prozent der Stadttochter DSW und zu zehn Prozent der Sparkasse gehört, und damit wirtschaftlich und gewinnorientiert handeln muss, war das nicht mehr zu machen. „Die Sparkasse Dortmund und die Dortmunder Stadtwerke sind als Eigentümer*in zwar selbst städtische Gesellschaften, nehmen ihre Eigentümerinteressen jedoch nur eingeschränkt unter Bezug zu wohnungspolitischen Aufgaben wahr“, heißt es im Wohnkonzept. Die DSG soll diese Lücke füllen, selbst Wohnungen im kommunalen Eigentum bauen und bestehende Immobilien sanieren, um so neuen Wohnraum zu schaffen. Außerdem will die Stadt verstärkt Grundstücke kaufen, diese für den Wohnungsbau entwickeln und es auch einfacher machen, in schon bestehenden Quartieren, in Innenhöfen und Baulücken, zu bauen. Fraglich ist noch, wie das Verhältnis zwischen dem Wohnungsunternehmen DOGEWO21 und der DSG aussehen, wer welche Aufgaben erfüllen soll. Hier wird noch Klärungsbedarf sein.
Das neue Konzept macht deutlich, wie viel in Verwaltung, Planung und Umsetzung in den nächsten Jahren zu tun sein wird. Die Frage, wie für Menschen, die Probleme haben, sich auf dem Wohnungsmarkt selbst zu versorgen, eine gute Versorgung stattfinden kann, bleibt aber an vielen Stellen unklar.
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