In ihrem am 10. August veröffentlichten Quartalsbericht feiert die LEG Immobilien AG eine weitere Steigerung der Gewinne pro Aktie. Es ist eine Gewinnsteigerung auf Kosten der Mieter und der Wohnungssubstanz. Trotz des Zukaufs vieler preisgünstiger Bestände stiegen die Mieten im freifinanzierten Wohnungsbestand nach LEG Angaben um durchschnittlich 3,4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dagegen befinden sich die Ausgaben für die Instandsetzung nach wie vor auf einem viel zu niedrigen Niveau. Die LEG erhöht ihre Mieten und spart an der Unterhaltung ihrer Wohnungen. Auf Dauer schadet das nicht nur den Mietern und Städten. Es kann auch für die Aktionäre auf Dauer nicht gut gehen.
In der ehemaligen Bergbau-Siedlung „In Hauswinkel“ in Witten-Herbede wurde das Gras seit Monaten nicht geschnitten. Der angebliche Hausmeister ist für die Mieter nicht zu erreichen. Die Elektroleitungen stammen noch aus dem Baujahr 1961 und sind dementsprechend schnell überlastet. Die Leistung des Vermieters ist seit Privatisierung der LEG und ihrer Töchter im Jahr 2008 kontinuierlich schlechter geworden, sagen die Mieter. Dagegen sind die Mieten Jahr um Jahr kontinuierlich gestiegen. Weil es sich um kleinere Mietsteigerungen handelte und weil die Mieter keinen Ärger haben wollten, wurden die Mieterhöhungen oft akzeptiert. Dabei lagen die Mieterhöhungen schon vor eine paar Jahren über dem lokalen Mietspiegel. Inzwischen ist die Qualifizierung des Mietspiegels abgelaufen und die LEG beruft sich bei ihren Erhöhungen auf die Vergleichsmieten, die sie bei ihren konfliktscheuen Mietern durchsetzen kann. Immer mehr Mieter durchschauen inzwischen das Spiel. Sie treten dem Mieterverein und Rechtschutzversicherungen bei und verweigern den Mietererhöhungsverlangen ihre Zustimmung. Es bahnt sich ein langwieriger Konflikt an, der vor Gerichten und auch in der Kommunalpolitik ausgetragen wird.
Sucht man nach den Ursachen für den Mieterärger und das immer schlechtere Image der LEG, wird man auch im ihrem Quartalsbericht II/2016 fündig.
Der Wohnungsbestand der LEG ist seit 2015 um über 20.000 Wohnungen gewachsen. Unter den zugekauften Wohnungen – z.B. der Immeo und der Vonovia – hatten bislang viele eher günstige Mieten. Zugleich war der Instandsetzungsaufwand relativ hoch. Trotzdem berichtet die LEG für das erste Halbjahr 2016 über deutlich gestiegene Mieten in ihrem nicht preisgebunden Wohnungsbestand. Zugleich befinden sich die Instandsetzungsausgaben weiterhin auf einem katastrophal niedrigen Niveau. Hochgerechnet auf ein ganzes Jahr kommt die LEG 2016 nicht einmal auf 7 Euro pro Quadratmeter, die sie für die Instandhaltung ihrer Wohnungen ausgibt. Und ein Großteil dieser Ausgaben entfällt auch noch auf die Herrichtung leerstehender Wohnungen für die Wiedervermietung.
Auch für die miethöhungswirksamen Modernisierungen ihrer Wohnungen gibt die LEG hochgerechnet nur knapp 5 Euro pro Quadratmeter aus. Auch das ist ein sehr niedriger Wert. Wesentlich mehr kann sich die LEG allerdings auch kaum leisten. Zumindest in Witten sind ihre Mieten inzwischen so hoch, dass zusätzliche Modernisierungserhöhungen unmittelbar zu Verdrängungen führen.
Das gilt selbst dann, wenn sich die LEG – wie aktuell in einer Häuserzeile in Witten-Heven – bei ihren Modernisierungsmaßnahmen eigentlich nur auf die Umsetzung von jahrelang verschlafenen Nachrüstungsverpflichtungen beschränkt und eine Dachgeschoßdämmung einbauen will. Denn viele Mieter der LEG haben niedrige Einkommen, oft verbieten die begrenzten Sozialleistungen eine Anhebung der Mieten.
Aber nicht nur die niedrigen Bestandinvestitionen, auch die Expansionspolitik könnte Aktionäre stutzig machen. Durch die Kosten der Zukäufe hat sich die Eigenkapitalquote der LEG verringert und der Verschuldungsgrad erhöht. Aufgrund von Verwaltungskosten und Grundsteuern für die Aufkäufe hat sich das operative Ergebnis gegenüber dem Vorjahreszeitraum halbiert. Diese Kosten können nur kompensiert werden, solange die Finanzmärkte weiterhin eine günstige Umschichtung der Kredite ermöglichen und die Mieter weitgehend widerspruchslos mehr Miete für immer weniger Leistung zahlen.
Knut Unger, MieterInnenverein Witten
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