So schnell ändern sich die Zeiten: Noch vor gut 10 Jahren galt die „neue Wohnungsnot“ als fast unlösbares Problem in Ost und West, jede Hütte wurde benötigt. Heute ist es geradezu umgekehrt: Abrisse, beschönigend „Rückbau“ genannt, stehen auf der Tagesordnung der Wohnungsexperten.
Mancher fühlt sich an die frühen 80er Jahre erinnert. Auch damals hieß es, es werde kein Wohnungsbau mehr benötigt und wenige Jahre später hatten wir die Wohnungsnot. Aber diesmal soll alles anders, endgültiger sein. Langfristig haben wir es nicht nur mit einer Abwanderung aus Städten und Krisenregionen zu tun, sondern mit einem unumkehrbaren demographischen Wandel, sagen die Bevölkerungsexperten. Einer schrumpfenden Bevölkerung stehen immer mehr Wohnungen gegenüber, die frei werden, weil ihre Bewohner wegstreben.
Das wird zwar teilweise dadurch kompensiert, dass die Menschen immer mehr Wohnraum pro Kopf verbrauchen und es gilt auf absehbare Zeit nicht für „neue“ Wohnungsnotregionen wie München oder Köln. Auch im Westen werden aber unbeliebte Wohnungen in Großsiedlungen oder kleine Hucken aus den 5oern immer weniger nachgefragt und in diesen „nicht marktgängigen“ Bereichen kommt es dann stellenweise zu auffälligen Leerständen.
Zunächst liegen in der Schrumpfung nicht nur Gefahren, sondern auch Chancen: Mehr Platz in den Wohnungen und in den Städten mehr Spielraum für Grün, für Kinder, für einen bedarfsgerechteren Wohnungsmix. Immer mehr Mieter können erstmals aus einer ganzen Angebotspalette auswählen. Diese Situation ist auch Anreiz dafür, dass Investitionen im Sinne der BewohnerInnen erfolgen. Deshalb darf der Markt durch Abrisse nicht künstlich verknappt werden. Auch eine „Mietermarkt“ kann den Umbau freilich nicht allein steuern. Schnell können Modernisierungen zu Mieten führen, die von einem Teil der Bevölkerung nicht bezahlt werden können. Das Ergebnis wäre Not im Überfluss. Der Schrumpfungsprozess erfordert öffentliche Gestaltung. Nicht Rückbau, sondern gezielter Umbau heißt deshalb die Herausforderung.
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