Wohnungspolitik > Bundespolitik
14. September 2022 (Bundespolitik)

Hohe Energiekosten können ALG-II-Anspruch auslösen: Übernahme von Nachzahlungen

Viele Mieter:innen werden wegen der enorm gestiegenen Energiekosten hohe Nachforderungen mit ihren nächsten Heizkostenabrechnungen bekommen. Unter bestimmten Umständen kann man dafür eine Unterstützung durch das Jobcenter bekommen. Das gilt aktuell beim ALG II, wird aber auch beim kommenden Bürgergeld funktionieren.

Arbeitslosengeld II bekommen in den meisten Fällen Menschen, die kein Arbeitseinkommen haben. Aber auch die, die zwar ein Einkommen erzielen, das aber zur Deckung des Bedarfs nicht reicht, können ALG II beziehen. Man nennt sie „Aufstocker:innen“. Wobei man das Wort „Bedarf“ nicht missverstehen darf als das, was man selbst glaubt, zum Leben zu brauchen. Bedarf bedeutet: Regelsatz (derzeit 449 € für eine Einzelperson) plus Kosten der Unterkunft (Miete plus Nebenkosten, soweit sie angemessen sind).

Die kalten Nebenkosten und auch die Heizkosten sind Bestandteil der „Kosten der Unterkunft“. In dem Monat, in dem eine Betriebskostenabrechnung kommt, die mit einer Nachzahlung endet, sind die Kosten der Unterkunft höher als sonst. Also steigt auch der Gesamtbedarf. Das kann dazu führen, dass Einkommen, die normalerweise ausreichen, den Bedarf zu decken, in diesem Monat unzureichend sind. Das kann einen Anspruch auf ALG II auslösen, wie auch das Ministerium für Arbeit und Soziales bestätigte.

Ein Rechenbeispiel:

1.600 € Nettoeinkommen
- 100 € Grundfreibetrag
- 200 € Erwerbstätigenfreibetrag
= 1.300 € anrechenbares Einkommen

450 € Regelbedarf + 600 € Miete + Nebenkosten, Wohnung ist angemessen
= 1.050 € Bedarf in normalen Monaten

=> kein Anspruch auf Transferleistung

aber dann Betriebskostenabrechnung mit 1.000 Nachzahlung im Januar:

=> 2.050 € Bedarf im Monat der Abrechnung

=> Anspruch auf 750 € ALG II einmalig

Für Menschen, die bereits im ALG-II-Bezug sind, reicht es, die Heizkostenabrechnung beim Jobcenter einzureichen. Die Nachzahlung muss übernommen werden, wenn die Wohnung angemessen ist. Menschen, die bisher kein ALG II beziehen, müssen es für den Monat, in dem die Heizkostenabrechnung fällig wird, beantragen. Das ist umständlich, kann sich aber lohnen, wie die Rechnung zeigt.

Einen Haken gibt es allerdings: Eine Heizkostennachforderung muss in der Regel nach 30 Tagen beglichen werden, wenn die Abrechnung nicht zu beanstanden ist. Ganz so schnell dürfte ein ALG-II-Antrag nicht bewilligt werden. Man wird also d:ie Vermieterin um Geduld bitten oder in Vorleistung treten müssen.


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 

Twitter


Arbeitsgemeinschaft der Mietervereine Bochum, Dortmund, Witten, Mietergemeinschaft Essen

Kontakt | Sitemap | Datenschutz | Impressum