Wer studiert und eine Wohnung sucht, muss allerlei beachten: Was hat es mit Kalt- und Warmmiete auf sich? Muss ich Strom selbst anmelden? Versucht mein Vermieter, mich übers Ohr zu hauen? Dabei schützt gerade das deutsche Mietrecht MieterInnen besonders gut. Für internationale Studierende ist es aber nicht immer leicht, alle Vorschriften zu kennen.
Auf seinen ersten Dortmunder Vermieter ist Fahad nicht gut zu sprechen. Vor knapp einem Jahr kam der heute 25-Jährige ins Ruhrgebiet, an der TU Dortmund studiert er den Masterstudiengang Informatik. Schon von Indien aus hat er damals eine Unterkunft gesucht. Bei eBay Kleinanzeigen wurde er fündig: ein Zimmer in Hörde in einer Wohnung mit sieben Zimmern, jedes einzeln vermietet. „Fünf von uns waren Leute aus Indien. Ich sollte 300 Euro zahlen, inklusive Bettwäsche und Waschmaschinen-Nutzung.“ Als er einzog, fehlte die Wäsche, das Waschen kostete extra.
Auch andere Punkte seien undurchsichtig gewesen. „Ich habe den Vermieter mehrmals um einen Vertrag gebeten, aber lange keinen bekommen. Als ich dann einen bekam, standen andere Dinge drin als wir vorher besprochen hatten.“ So hätten die Vermieter, ein Ehepaar aus Dortmund, zum Einzug gesagt, dass die Kündigung mündlich und zwei Monate im Voraus möglich sei. Als Fahad und ein Mitbewohner ausziehen wollten, habe das nicht mehr gegolten. „Er hat gedroht, unsere Kaution deswegen zu behalten.“ Im Mai ist Fahad ausgezogen, seine Kaution ist noch bei den Vermietern.
Hagen Dorgathen weiß um diese Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt. Beim AStA der TU Dortmund berät er Studierende in Miet- und Wohnfragen – und häufig internationale. Anders als in manch anderen Ländern ist nicht für alle Studierenden, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen, automatisch auch die Unterbringung geregelt. So fangen die Probleme oft schon bei der Suche an. „‚Ich finde nichts‘ hören wir häufig“, sagt der AStA-Berater.
Außerdem ist das deutsche Mietensystem nicht immer einfach. Was ist Kalt-, was Warmmiete? Wie hoch darf eine Nebenkostenpauschale sein? Wie sieht das Kleingedruckte im Mietvertrag aus – und gibt es überhaupt einen? „Es gibt Vermieter, die das ausnutzen und zum Beispiel Nebenkosten extra niedrig ansetzen, damit die Wohnung oder das Zimmer im Internet günstig erscheint.“ Die hohe Nachzahlung komme dann später, nicht selten undurchsichtig und ohne Belege. Andere machten beim Einzug kein Übergabeprotokoll und lasteten alte Schäden dann den aktuellen Mietern an. „Immer wieder treffen wir Studierende in Situationen, in denen sie dann vor der Wohnungslosigkeit stehen“, sagt Hagen Dorgathen. Ein krasser Fall: Einmal habe ein Student im Voraus die Miete für eine Wohnung bezahlt, die es gar nicht gab.
Fahad ärgert sich. Sein Vermieter, erzählt er, habe auch bei anderen Mietern Teile der Kaution einbehalten, weil er angeblich Kosten für die Anmeldung der Mieter bei den Behörden hatte, oder weil nicht ausreichend geputzt worden sei. Die Vermieter wehren sich gegen die Vorwürfe – und erheben selbst welche. Man sei sicher nicht „raffgierig“. Weil die Studentengruppe um Fahad wegen Corona später angereist sei als vereinbart, habe man die Zimmer freigehalten und, anstatt für diese Zeit Miete zu erheben, die Zusatzleistungen wie Wäsche gestrichen. Die mündliche Kündigung sei bei ihnen üblich, die betreffenden Studenten, hätten aber von einem Tag auf den anderen gekündigt. Zudem, sagen die Vermieter, hätten sie beim Auszug Schäden in den Zimmern festgestellt. Eine Situation, die nicht leicht zu klären ist. Auch der Mieterverein rät dazu, Mietverträge immer schriftlich zu vereinbaren, damit die Verhältnisse für alle transparent sind.
Der AStA macht noch eine andere Beobachtung: „Es gibt Anbieter, bei denen man schon das Gefühl hat, dass sie gezielt Studierende aus dem Ausland suchen.“ Das sind gewerbsmäßige Plattformen, die über das Internet möblierte Apartments auf Zeit vermitteln – meist sehr einfach eingerichtet, dafür aber zu Mondpreisen. Die Internetbewertungen sind zwar meist positiv, die negativen jedoch deutlich: Da geht es um kurzfristige unbegründete Stornierungen von Buchungen, nicht zurückgezahlte Kautionen oder Mieten, keine Erreichbarkeit bei Konflikten. Auch beim AStA würden solche großen Plattformen immer wieder genannt. „Für manche ist es ein Geschäftsmodell“, sagt Dorgathen.
Und auch Rassismus spielt immer wieder eine Rolle, wenn die Wohnungssuchenden keinen deutschen Nachnamen haben. Nach einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes von 2020 gehen 83 Prozent der Befragten davon aus, dass MigrantInnen oder Deutsche mit migrantischen Vorfahren am Wohnungsmarkt häufiger diskriminiert werden. 15 Prozent der Befragten, die in den letzten zehn Jahren eine Wohnung gesucht haben, waren selbst von rassistischen Erfahrungen betroffen. „Menschen mit Migrationshintergrund leben im Durchschnitt auf kleinerem Wohnraum und zahlen höhere Mieten“, so ein Ergebnis der Antidiskriminierungsstelle. In den Fällen, die dem AStA am häufigsten begegnen, kann oft der Mieterverein helfen. Auch online gibt es Plattformen, in denen Studierende sich gegenseitig Tipps für den Deutschland-Aufenthalt geben. Eigentlich, sagt Dorgathen, „haben internationale und deutschsprachige Studierende ähnliche Probleme auf dem Wohnungsmarkt – internationale MieterInnen allerdings öfter. Es hilft schon sehr, die eigenen Rechte zu kennen.“
Fahad will nun rechtliche Schritte gehen, um seine Kaution wiederzubekommen. Seit Mai wohnt er in einem Apartment in der Nordstadt – und ist dort endlich zufrieden mit dem neuen Vermieter.
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