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20. September 2010 (Gagfah, Vonovia)

Kahlschlag

Der Einstieg angloamerikanischer Finanzgesellschaften bei den größten deutschen Wohnungsgesellschaften schlägt sich vor allem im radikalen Personal- und Serviceabbau nieder. Deutsche Annington und Gagfah haben sich von großen Teilen ihrer Angestellten getrennt. Noch hindert eine weitgehende Beschäftigungsgarantie in der Sozialcharta die LEG an vergleichbaren Einschnitten. Die Weichen für 2018 werden aber bereits gestellt.

Knapp zwei Jahre nach dem Kauf hat der Whitehall Fonds von Goldman-Sachs, dem die LEG seitdem gehört, alle Unternehmensteile und -beteiligungen zum 1. April unter einem einzigen Konzern-Dach gebündelt. Nach dem intern als "Change-Project One" bezeichneten Umbau bleiben von elf Wohnungs- und Verwaltungsgesellschaften nur noch die LEG Management GmbH und die LEG Wohnen NRW GmbH. Traditionsreiche Wohnungsgesellschaften sind vom Markt verschwunden. Zusammengefasst in drei Regionen werden die 92.000 Wohnungen mit rund 250.000 Mieterinnen und Mietern nun ausschließlich von der LEG Wohnen NRW GmbH betreut. Aus den Verwaltungsstrukturen der einzelnen Wohnungsgesellschaften sind nach heutigem Stand 10 Niederlassungen, 17 Kundencenter und 100 Mieterbüros entstanden.

Mitbestimmung
Wenn es aber einen Gradmesser für den Stellenwert der Belegschaft in einem Unternehmen gibt, sind es die Mitbestimmungsrechte. Die amerikanische Handschrift wurde schon am Tag nach der Übernahme der LEG sichtbar. Als Erstes wurde sofort der Gesellschaftsvertrag geändert: Der drittelparitätisch mit Arbeitnehmervertretern besetzte Aufsichtsrat bleibt zwar erhalten. Alle wesentlichen Entscheidungskompetenzen werden jedoch direkt in die Gesellschafterversammlung und einen kleinen "Beirat" der Anteilseigner verlagert. Überdies hat Whitehall eine Beratungsfirma von Goldman-Sachs eingesetzt, die die Umsetzung der neuen Geschäftspolitik in der LEG zentral überwacht und die Einhaltung der Vorgaben der neuen Eigentümer auf allen Ebenen kontrolliert. Mit Auslaufen der derzeitigen Wahlperiode wird der Aufsichtsrat im Juli von 21 auf sechs Mitglieder verkleinert.
Dem verkleinerten Aufsichtsrat werden künftig nur noch zwei gewählte Arbeitnehmervertreter angehören.

Vorreiter
Die LEG ist noch bis 2018 an die Beschränkungen
der Sozialcharta gebunden.
1. Die Parallelen zu den Unternehmensstrategien der Deutschen Annington und der Gagfah sind aber nicht zu übersehen. Zwecks Personalabbau installierte die Deutsche Annington in ihrer Bochumer Unternehmenszentrale eine als "Customer Care Center" (CCC) bezeichnete Telefonzentrale für alle Mieteranfragen bundesweit. Der Personalabbau um 300 bis 400 Stellen erfolgte gezielt im bisher flächendeckenden Kundenservice (siehe Mieterforum Nr. 17). Vorausgegangen war auch hier die Integration der in der Einkaufstour erworbenen Werks- und Dienstwohnungsgesellschaften. Telefonchaos und stark ansteigende Wohnungsleerstände haben den Vorstand nicht zu einem Kurswechsel veranlasst. Vorreiterin der einschneidenden Personalreduzierung war aber die teilweise börsennotierte Gagfah Group. Die ehemalige Wohnungsgesellschaft des Rentenversicherungsträgers BfA vergab 2008 die gesamten Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten an die privaten Unternehmen GFP Enders Projektmanagement GmbH und B&O. Die Gagfah- Geschäftsführung versicherte, dass die errechnete Kosteneinsparung von durchschnittlich 8 Prozent wieder in die Wohnungen gesteckt werden soll und auch das Personal von den Auftragnehmern zu gleichen Vertragsbedingungen übernommen wird. Die Gagfah gilt aber aufgrund hoher Ausschüttungen an die Anteilseigner heute als Schlusslicht bei der Bestandspflege.

Helmut Lierhaus, Sprecher des Aktionsbündnisses "Zukunft der LEG": "Es ist noch Zeit, den Anspruch der LEG-Mieter auf kompetente Ansprechpartner vor Ort und einen zeitgemäßen Wohnungsbestand zu verteidigen."


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