Die geplanten Modernisierung in der Genossenschafts-Siedlung Witte Wie in Bochum Langendreer ist vom Tisch. Am 25. April teilte die Bochumer Wohnstätten den Mietern mit, dass sie den zweiten Bauabschnitt nicht realisieren wird. Als Grund gibt sie unter anderem ein "differierendes Kommunikationsverständnis" an.
Gemeint damit ist die beharrliche Weigerung der Mieter, die eine Initiative gebildet hatten und gemeinsam agierten (wir berichteten), sich die Baumaßnahmen in Einzelgesprächen schmackhaft machen zu lassen. Genau das war nämlich mit den Mietern des ersten Bauabschnitts bereits passiert – und keiner von ihnen wohnt mehr in der Witte Wie.
Kein Wunder, denn die Wohnungen sollten nicht nur modernisiert, sondern zusammengelegt und komplett umgebaut werden. Die meisten sollten danach doppelt so groß sein wie zuvor – also für die meisten Mieter völlig ungeeignet. Die Mieter der Häuser 30 bis 40 hatten keine Lust, mit 1000 € Entschädigung abgespeist das gleiche Schicksal zu erleben wie ihre Nachbarn aus Nummer 22 bis 28.
Deshalb forderten sie von der Wohnstätten ein gemeinsames Informationsgespräch für alle am runden Tisch. Offenbar war das für die Genossenschaft so unvorstellbar, dass sie lieber das ganze Projekt fallen ließ.
Allerdings nicht ohne den Mietern dafür die moralische Schuld zuzuweisen: "Bedauerlicher Weise", heißt es in dem Schreiben vom 25. April, "haben einige wenige Mitglieder unserer Genossenschaft in diesem Projekt lediglich die günstige Gelegenheit gesehen, sich die so dringend benötigte Kooperationsbereitschaft durch finanzielle Vorteile abkaufen zu lassen."
Finanzielle Vorteile? Eine interessante Interpretation der Tatsache, dass die Mieter darauf gepocht hatten, die Genossenschaft müsse sich an Recht und Gesetz halten. Da die Wohnstätten auf alle Bitten um einen gemeinsamen Termin nicht reagiert hatte, hatten die Mieter schriftlich mitgeteilt, dass
- sie nur solchen Arbeiten dulden würden, die sie nach dem Gesetz dulden müssten;
- sie nur nach Erhalt einer ordnungsgemäßen Modernisierungs-Ankündigung gem. § 554 Abs. 3 BGB bereit sein würden, ihre Wohnung für die Dauer der Arbeiten zu räumen;
- sie nach Ende der Arbeiten auf jeden Fall in ihre bisherige Wohnung zurückkehren wollten;
- sie deshalb eine Vergrößerung oder Verkleinerung der Wohnfläche keinesfalls dulden würden;
- sie gemäß § 554 Abs. 4 BGB den Ersatz aller durch die Maßnahme entstehenden Aufwendungen verlangen würden, und zwar in tatsächlicher Höhe, nicht pauschaliert.
Der Ersatz von tatsächlich entstandenen Aufwendungen ist nun allerdings wahrlich kein finanzieller Vorteil, sondern lediglich die Vermeidung eines Nachteils – und deshalb gesetzlich so vorgeschrieben. Aber das war schon zu viel für die Genossenschaft. Da sie nach der Modernisierung eine Miete von 6,00 € pro qm nicht überschreiten wolle, sei die Maßnahme sowieso nicht kostendeckend.
Die Mieter, die solche Preise ohnehin nicht hätten bezahlen können, sind erst mal froh, dass der Spuk vorbei ist. Natürlich wird es nun auch keine Wärmedämmung geben, keine Balkone und keine neuen Fenster. Die Genossenschaft hat angedroht, wegen der unterbliebenen Modernisierung werde wohl der Instandhaltungsaufwand steigen und deshalb vermutlich demnächst die Mieten erhöht. Doch das ist eine leere Drohung, denn Instandhaltungen muss der Vermieter zahlen; sie rechtfertigen keine Mieterhöhung. Mehr als das, was im Mietspiegel steht, ist nicht drin.
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