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13. Juni 2017 (Vonovia)

Vonovia & LEG: Wohnen im Renditehimmel

Vonovia und LEG sind die größten Vermieterinnen in Nordrhein-Westfalen. Da beide börsennotiert sind, gibt es einmal im Jahr eine Aktionärsversammlung, auf denen sie ihren Anteilseignern erzählen, wie toll sich die Rendite entwickelt – auf Kosten der Mieter. Unmittelbar vor diesen Aktionärsversammlungen versammelten sich ebendiese Mieter in Dortmund, um der Öffentlichkeit noch einmal vor Augen zu führen, wie es sich denn so wohnt im Renditehimmel der Immobilien-AG‘s.

Betriebskosten

Es waren gut und gern 100 Zuschauer, die Moderator Kay Bandermann durch das imaginäre Wohnhaus führte, in dem man auf jeder Etage etwas anders erleben konnte mit einer Immobilien-AG als Vermieterin. In der ersten Etage ging‘s um Betriebskosten. Wolfgang Freitag, Mieter aus Witten-Annen, und seine Nachbarn haben zum Beispiel innerhalb von 15 Monaten drei Abrechnungen bekommen, nachdem seine Siedlung von Immeo an die LEG verkauft worden war. Also durfte er auch drei mal für eine Heizungsablesung zahlen, genauso für einen Hausmeister, den er noch nie gesehen hat. Rita Zachraj berichtete aus Dorsten-Barkenberg, wo 2014 eine Betriebskostenabrechnung 200 Mieter so in Rage brachte, dass sie einen Beirat gründeten. Ein Müllmanagement hatte die Kosten explodieren lassen. Auch ihre Vermieterin ist die LEG.

Mit Sabine Mosler-Kühr vom MV Bochum und Martin Grebe vom MV Dortmund waren zwei Juristen in der Runde, die Auskunft geben konnten. Ihr Eindruck: Der alte „Kümmerer-Hausmeister“ ist tot, die neuen „Objektbetreuer“ beschränken sich darauf, jeden Schalter und jede Klinke täglich zu kontrollieren, um die Wohnungsgesellschaft vor Haftungsansprüchen zu schützen. Das jedoch, so die Juristen, ist eine Verwaltungstätigkeit, die die Vermieterin bezahlen müsse.

Auch das Müllmanagement ist großes Thema bei vielen Wohnungsgesellschaften im ganzen Land, äußerst intransparent und der Nutzen für die Mieter fragwürdig. Während in der einen Siedlung nur dadurch Einsparungen erzielt werden konnten, weil es zuvor eh Überkapazitäten gab, sind Mieter anderer Siedlungen überzeugt, dass ohne Müllmanagement bei ihnen das Chaos ausbräche. Offenbar ist das von der Nachbarschaft abhängig.

Aus dem Publikum meldete sich Siegfried Klewer aus Dortmund-Echeloh. Er hat seine ganz eigene Methode gefunden, mit der mangelnden Pflege von Außenanlagen umzugehen: „Ich räume den Müll weg und fege den Schnee und stelle das Vonovia in Rechnung. Wenn die nicht zahlen, ziehe ich das von der Miete ab, und dann sollen die mal klagen!“

Mieterhöhungen

In der zweiten Etage ging es um Mieterhöhungen. Karl-Heinz Schempershauwe aus Gelsenkirchen hat Erfahrungen mit Vonovia und der LEG gesammelt, denn im April 2016 wurde seine Siedlung im Ortsteil Hassel von der einen an die andere verkauft. „Die LEG“, so sagt er, „kam als Kätzchen und entpuppte sich als sibirischer Tiger.“ Bei der Vorstellung hätten sich die Düsseldorfer als „soziales Unternehmen“ geriert, um dann ein halbes Jahr später mit 1.600 Mieterhöhungen herauszuplatzen. Die wurden, wenn es gerade passte, mit dem Mietspiegel begründet. War der Mietspiegel ausgereizt, erfolgte die Begründung mit Vergleichswohnungen. Dabei wurden auch modernisierte Wohnungen als Vergleichswohnungen für unmodernisierte herangezogen.

Das, so betonte Rechtsanwältin Dorchanaj Pohanyar aus Witten, ist natürlich nicht zulässig. Allerdings ist in dieser Stadt das ganze Vergleichsmietenverfahren sowieso nur zulässig, weil es dort, anders als in Gelsenkirchen derzeit keinen gültigen Mietspiegel gibt. Aus Hattingen jedoch kam ein Beispiel, wo die LEG Mieterhöhungen mit Vergleichswohnungen begründet hat, obwohl es dort einen – sogar qualifizierten Mietspiegel – gibt. Ergebnis des Versuchs von 2016: Der dort zuständige Mieterverein Bochum, Hattingen und Umgegend hat jetzt über 40 Mitglieder in der Siedlung. Wer der Mieterhöhung nicht zustimmte, wurde nach einem – natürlich ebenfalls ignorierten – „Erinnerungsschreiben“ in Ruhe gelassen.

Modernisierungen

Dass die sogenannten „Finanzinvestoren“ nicht investieren, ist Schnee von gestern. Jetzt, wo das Geld so billig ist, werden Millionen in die Wohnungen gesteckt – als Modernisierung, Thema der dritten Etage. Der entscheidende Unterschied zur Instandhaltung: Die Investition kann man anschließend auf die Miete aufschlagen, das Geld kommt innerhalb von neun Jahren von den Mietern zurück, die Bestände sind saniert und aufgehübscht und unterm Strich hat man nichts dafür bezahlt. Der Haken: Eigentlich müsste man eingeflossene Instandhaltungsarbeiten abziehen, bevor man die Mieterhöhung nach der 11-Prozent-Regel berechnet. Doch das passiert in den wenigsten Fällen korrekt.

Susanne Heeg aus Frankfurt und Cornelia Heise aus Hamburg hatten weite Wege nicht gescheut, um von solchen Praktiken zu berichten. 111 € Mieterhöhung monatlich sollte die eine nach einer Modernisierung, die ganz überwiegend Instandhaltung war, zahlen, 117 € die andere, aber bei besonders teuren Fällen sei Vonovia mit der Forderung heruntergegangen.

Rolf Bosse vom Hamburger Mieterverein mochte das nicht als Verzicht durchgehen lassen: „Die Vonovia hat immer nur 10 bis 15 Prozent an Instandhaltungsanteil abgezogen. Wir kommen eher auf 40 Prozent und mehr. Darum dreht sich der Streit, und Vonovia kündigt denen, die nicht zahlen, wenn der „Mietrückstand“ eine Monatsmiete übersteigt. Das setzt die Mieter natürlich unter Druck.“ Tobias Scholz vom Mieterverein Dortmund bestätigte, dass Mieter, die sich wehren, teilweise jahrelange Rechtsstreitigkeiten durchhalten müssten. Doch das lohne sich, denn meist betrage die Mieterhöhung nach Modernisierung das Vier- bis Siebenfache der errechneten Heizkostenersparn.

Politik

Im vierten Stock ging es dann um den politischen Einfluss der Großvermieter. Rainer Wild vom Berliner Mieterverein forderte einen Eingriff der Politik in die Geschäftsmodelle dieser Unternehmen, denn „die haben sogar Einfluss auf die Gesetzgebung – siehe die nicht funktionierende Mietpreisbremse.“ Mit Jörg Schledorn kam ein Betriebsrat in einer Wohnungsgesellschaft und mit Michael Boedecker ein „kritischer Aktionär“ zu Wort, der mit anderen zusammen Vonovia und LEG an den folgenden Tagen das Leben schwer machen wollte. Allerdings ohne allzu große Illusionen: „Die meisten Aktionäre wissen, was sie da für eine Firma besitzen. Trotzdem ist es unser Ziel, kritische Öffentlichkeit zu schaffen. Wir machen uns nicht die Illusion, auf der Hauptversammlung einen Verzicht auf Mieterhöhungen durchzusetzen. Es geht um einen Stachel im Fleisch.“

Susanne Heeg formulierte, worin sich alle einig waren:.“Das Einzige, was hilft, ist, sich zusammenzutun und Öffentlichkeit herzustellen.“


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