Ohne Kategorie
1. Juli 2003 (Ohne Kategorie)

Die Wohnung im neuen Gewand

Leider naht im Laufe der Jahre immer mal wieder der Zeitpunkt, an dem man oder frau sich auf Renovierungsarbeiten stürzen muss. Also: alte Tapete ab und neue drauf. Aber manchmal ist das nicht so einfach, wie es sich anhört. Die alte Tapeten (oder schlimmer noch: die alten) herunter zu bekommen, kann sich schwierig gestalten. Fitzelchen um Fitzelchen wird in mühevoller Kleinarbeit entfernt. Welch ein Erfolgserlebnis, wenn das Stück nackte Wand langsam aber sicher immer größer wird. Muss das so mühsam sein?

Tapetenablöser heißt hier die Antwort
Also frohgemut wird das Wundermittel mit Wasser angerührt, schön auf der Tapete verteilt und dann wartet man oder frau bei einer Tasse Kaffee (kann auch Tee sein), bis es wirkt. Auf der Verpackung sieht das wirklich gut aus. So ein Strahlemann zieht von unten an der Tapetenbahn und die macht genau das, was sie tun soll: Im ganzen Stück kommt sie herunter. So macht das Renovieren doch Spaß. Leider sieht das auf der Verpackung oft besser aus, als es ist. So auch hier, es klappt überhaupt nicht. Also noch mal Tapetenablöser anrühren, auftragen und einweichen lassen. Okay, jetzt geht es ein bisschen besser. Von der Wirksamkeit einmal abgesehen, gibt es bei diesen Produkten aber noch andere Tücken.
Öko-Test hat 17 verschiedene Ablöser untersucht. Zwei wurden mit „sehr gut“ bewertet und immerhin noch zwölf mit „gut“. Die restlichen fünf hatten es aber in sich: gesundheitsbedenkliche Inhaltsstoffe wie Formaldehyd und Formaldehydabspalter oder Lösemittel aus der Gruppe der Glykolether oder –esther sowie allergieauslösende Mittel wie Delta-3-Caren oder halogenorganische Verbindungen. Da sollte man oder frau vorsichtig sein.

Weiter geht es mit dem Tapetenkleister
Da steht man vor den Regalen und wird von der ganzen Produktpalette erschlagen. Neben dem ganz normalen Zellulose-Kleister gibt es Spezialkleister, denen Kunstharze für eine erhöhte Klebekraft zugegeben wurden. Hmm, soll man oder frau den jetzt nehmen? Es wäre schon ärgerlich, wenn nach der ganzen Arbeit alles wieder herunterkäme. Aber obacht: Kunstharze werden aus Erdöl hergestellt; das ist nicht nur Ressourcenverschwendung, sondern auch gesundheitsgefährdend. Es werden giftige Inhaltsstoffe an die Umgebung abgegeben. Für Raufaser z.B. reichen die „normalen“ Zellulose-Kleister aus. Wenn die Raufaser trotzdem nicht hält, hat das andere Gründe.
Ganz beliebt sind auch Strukturtapeten. Da sieht die Wand wie frisch verputzt aus. Oder Profil- und Textiltapete. Und zu deren Verarbeitung gibt es spezielle Pülverchen: Sie werden auf der Basis von Methylzellulose hergestellt und enthalten Bindemittel mit Konservierungsstoffen sowie Zusätze gegen Schimmelbildung. Unter anderem können da noch Formaldehyd und -abspalter enthalten sein. Neben der Gesundheitsgefährdung bilden diese Kleber zwischen Wand und Tapete eine Dampfsperre, die Wand kann nicht mehr richtig atmen und das Raumklima verschlechtert sich. Es bedeutet, die Wände können keine Feuchtigkeit aufnehmen und weiterleiten. Das Zimmer schmort praktisch im eigenen Saft.

Und nun noch die Tapeten
Wie schon gesagt: am häufigsten werden Raufaser- und Strukturtapeten verkauft. Und jetzt erst mal eines nach dem anderen. Zuerst knöpfen wir uns die Raufaser vor, und staunen. Öko-Test hat 13 verschiedene Raufasertapeten von feiner bis grober Körnung untersucht und urteilt „sehr gut“, und zwar bei allen. Sowohl der Schadstofftest als auch der Praxistest mit Verarbeitung und Streichen waren überzeugend.
Und nun zur Strukturtapete. Bei den ganz groben, wie sie früher mal modern waren, muss man tatsächlich diesen speziellen Kleister mit all seinen Nachteilen einsetzen, sonst kann es sein, dass die Tapete nicht hält. Für die feineren, die im Augenblick wohl am häufigsten verlangt werden, reicht auch der einfache Kleister. Aber trotzdem Vorsicht: häufig werden diese Tapeten in Osteuropa hergestellt, nicht weil es da billiger ist (obwohl vielleicht auch deswegen), nein, ihre Herstellung ist problematisch. Dabei werden erhebliche Mengen Weichmacher freigesetzt. Und bevor Sie sich jetzt sagen, dass Sie das nicht interessiert, weil Sie sich die Tapete ja nur an die Wand hängen, hier mal kurz die Langzeitwirkungen. Die Tapete gast diese Weichmacher noch Jahre später aus. Der Körper speichert sie in Leber, Niere und Fettgewebe. Es können allergische Reaktionen, Immunschwäche und Schäden des zentralen Nervensystems auftreten. Oder wie in manchen Fällen hormonartige Wirkungen.
In drei von sieben durch Öko-Test untersuchten Tapeten wurde als kleines i-Tüpfelchen noch zinnorganische Verbindungen nachgewiesen. Diese sind sehr giftig und schädigen das Hormonsystem von Tieren und wahrscheinlich auch von Menschen.

Streichen – fertig
So, die Tapete hängt und hat über Nacht auch gehalten. Jetzt kommt noch das Streichen und voilá, die Wohnung erstrahlt im neuen Glanze. Doch welche Farbe nimmt man oder frau? Dispersionsfarben, das hört sich doch schon mal gut an. Sie sind gebrauchsfertig, leicht zu verarbeiten und die Pigmente in der Farbe sind fein verteilt und müssen daher nicht unbedingt mit einem schädlichen Lösungsmittel versetzt werden, naja, das sagt die Theorie. Und wie sieht die Praxis aus? Lösungsmittel findet man doch noch häufig, aber in sehr kleinen Konzentrationen. Der Blaue Engel bietet da einen guten Anhaltspunkt: Er begrenzt den Anteil für emissionsarme Farben auf 0,07 Prozent. Schließlich möchte man oder frau sich bei einer durchschnittlichen Wandfläche von 50 bis 70 Quadratmetern in einem Wohnraum nicht das traute Heim verpesten.
Aber es gibt da noch andere Stoffe, auf die man achten sollte. Auf die Risiken durch beigesetzte Weichmacher wurde schon hingewiesen, die finden sich auch in manchen Farben wieder, ebenso wie Formaldehyd und -abspalter.
Also vorsichtig beim Einkaufen. Lesen Sie sich genau durch, was in den unterschiedlichen Produkten alles enthalten ist.


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