Wohnungspolitik > Bundespolitik
5. Juni 2013 (Bundespolitik)

Deckmantel Modernisierung - versteckte Mieterhöhung

Regierung ändert Mietrecht und gibt den Weg frei für hohe Mietsteigerungen. Fortan sollen Vermieter einfacher energetische Sanierungen durchziehen können.
Als "überflüssige Neuregelungen" hat der Deutsche Mieterbund die beschlossene Gesetzesänderung kritisiert. Denn statt gutes Wohnen für Mieter zu erleichtern, spielt die Änderung vor allem den Vermietern in die Hände.

Das Gesetz verteuere die Wohnkosten, verteile Modernisierungskosten weiterhin ungerecht und schränke Mieterrechte stark ein. Statt des neuen Gesetzes forderte der Deutsche Mieterbund die Regierung auf, die Mieterhöhung bei Modernisierung gerechter zu regeln und eine Mietbegrenzung zu beschließen - dem kann sich die Mietergemeinschaft Essen nur anschließen.

Energiewende auf dem Rücken der Mieter
Fortan können Mieter in den ersten 3 Monaten die Miete nicht mehr mindern, wenn in ihrem Wohnhaus energetische Modernisierungen durchgeführt werden. Mit dieser neuen Gesetzesregelung wolle man es Vermietern erleichtern, endlich Dächer zu sanieren und andere Energielücken zu schließen. Der Deutsche Mieterbund hält das für Quatsch: Wenn man eine Energiewende im Gebäudebestand wolle, müsse die Bundesregierung einen eindeutigen Sanierungsplan erstellen und ausreichende Fördermittel für Eigentümer und Vermieter anbieten. Der Mieterbund stellt klar: Mieter allein können die Kosten der energetischen Gebäudesanierung und der Energiewende nicht tragen.

Doch genau dies passiert nun. Vermieter sanieren ihre Häuser energetisch und geben die Kosten an ihre Mieter weiter. Die zahlen nun mehr Miete. Allerdings nicht nur bis zu dem Punkt, an dem der Vermieter die Kosten wieder drin hat, in der Regel nach 9 Jahren. Mit der Sanierung wurde der Wert ihrer Immobilie verbessert - sie dürfen ewig weiter kassieren. Die Regierung hat also - mit dem Wegfall der Mietminderung bei Modernisierungen - dem Vermieter zügige Zusatzeinnahmen beschert.
Niedrige Heizkosten machen hohe Miete nicht wett

Energiewende und energetische Sanierung der Gebäudebestände treiben die Wohnkosten weiter in die Höhe. Verantwortlich hierfür ist nicht zuletzt das seit Jahren geltende Mietrecht, wonach der Vermieter elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen darf.

Ein Beispiel: Fallen Modernisierungskosten in Höhe von 200 Euro pro Quadratmeter an, bedeutet das für den Mieter eine Mieterhöhung von 1,83 Euro pro Quadratmeter und Monat. Diese Beträge sind auch bei einer erfolgreichen und guten Sanierung nicht über niedrigere Heizkosten finanzierbar - rechnet der Deutsche Mieterbund vor.
Konsequenz der jetzigen gesetzlichen Mieterhöhungsregelung sei auch, dass selbst für unwirtschaftliche Modernisierungsmaßnahmen oder Modernisierungen, die kaum Energie und damit kaum Heizkosten sparen, hohe Mieterhöhungen rechtlich zulässig sind.

"Diese gesetzliche Mieterhöhungsregelung ist ungerecht", kommentiert Dieter Habermehl, Vorstandsmitglied der Mietergemeinschaft Essen. Im Ergebnis zahlt allein der Mieter die Kosten. Die geltende Mieterhöhungsvorschrift ist außerdem schon dem Grunde nach falsch. Sie knüpft den Umfang der Mieterhöhung an die Kosten der Modernisierung, ohne zu fragen, ob die energetische Sanierung sinnvoll und erfolgreich war, ob tatsächlich Energie und damit Heizkosten eingespart werden.
Darum schließt sich die Mietergemeinschaft Essen der Forderung des Deutschen Mieterbundes an: Ersatzlose Streichung der Mieterhöhungvorschrift nach Modernisierungsarbeiten (Paragraph 559 BGB). Stattdessen sollte im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete die energetische Qualität der Wohnung für die Bestimmung der Miete mitentscheidend werden.

Energiewende im Sinne der Mieter
Steigende Energiepreise und steigende Mieten wegen energetischer Gebäudesanierungen führen noch lange nicht zu weniger Klimaproblemen. Bisher hat die Klimapolitik der Bundesregierung vor allem eines erreicht: Mieter müssen zahlen, Unternehmen dürfen Gewinne erhöhen.

Atomstrom ist billig! Atomstrom ist viel besser als Wind- oder Sonnenenergie, denn Atomstrom unterliegt keinen Produktionsschwankungen!! Atomstrom ist sicher und systemrelevant!!!

Wen wundert es bei den Aussagen, dass nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima nun doch kein Atomkraftwerk in der EU stillgelegt werden muss. Der deutsche EU-Kommissar Günter Oettinger hatte die Reaktoren einem "Stresstest" unterziehen lassen und selber bei den deutschen Pannenreaktoren nun verbindlich festgestellt, dass eigentlich alles in Ordnung ist.

Atomstrom nicht günstiger - nur anders finanziert
Statt des Atomausstiegs erlebt Deutschland seit Monaten eine große Hetzkampagne gegen erneuerbare Energien. Ständig steigende Strompreise werden für viele Menschen zum Problem. Die ARD-Sendung Monitor nahm das Phänomen immer wieder unter die Lupe. Ende 2012 berichtete Monitor dann speziell über die Preise von Ökostrom und Atomstrom im Vergleich (ARD Monitor - Die Lüge vom teuren Ökostrom). Die Reporter haben dabei aufgedeckt, wie verlogen die Debatte gegen Ökostrom geführt wird.
Die Behauptung: Der Ausbau der erneuerbaren Energien treibt den Strompreis in die Höhe. Dazu Monitor: Die so genannte Umlage für Ökostrom wurde vor einigen Monaten von 3,6 auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde angehoben. Dabei wird verschwiegen: Würde man die vergleichbaren Subventionen für Kohle, Gas und Atom nicht über die Steuern, sondern ebenfalls über eine Abgabe erheben, würde der Strompreis deutlich höher steigen, um 10,2 Cent. Die Menschen zahlen Atomstrom also doppelt: den eigentlichen Strompreis und die Subventionen über Steuern.
Die Steuermilliarden für die Lagerung von Atommüll seien in den 10,2 Cent noch nicht mal eingerechnet. Im Endeffekt ist also auch rein rechnerisch ein Ausstieg aus dem Atomstrom dringend notwendig.

Sozialtarif für Energie muss her
Übrigens rechnete das Monitorteam auch aus, ob der Strompreis gleich bleiben würde oder sogar sinken, wenn man den Ausbau der Erneuerbaren Energien stoppe. Das Fazit: Der Strompreis steigt auf jeden Fall - die Stromkonzerne heben ihre Preise seit Jahren immer weiter an, ohne auf der anderen Seite für Bauten oder Instandhaltung höhere Mehrausgaben gehabt zu haben. Das dürfen sie auch weiterhin, die Regierung hat nichts gegen steigende Strompreise, die zu explodierenden Nebenkosten führen. Eine Deckelung des Strompreises gibt es nicht, selbst die Forderung nach einem Energie-Sozialtarif wird abgebügelt.

"Ein Sozialtarif für Energie muss aber dringend her", fordert Siw Mammitzsch von der Mietergemeinschaft Essen. Der Tarif würde Bezieher von niedrigen Einkommen entlasten - gerade sie werden immer wieder von saftigen Strompreis-Erhöhungen überrascht und verfügen nicht über Rücklagen, um diese zu finanzieren. Es droht eine Schuldenfalle. Seit längerem hat die Mietergemeinschaft Essen genau solche Probleme, die häufig auch ALG-II-Bezieher betreffen, genau im Blick und setzt sich für eine gute Beratung der Betroffenen ein.

Vermieter im Geldregen: Modernisierung macht‘s möglich
Doch das Problem der steigenden Energiekosten trifft natürlich auch alle anderen Mieter. Dass die Bundesregierung kein Problem damit hat, dass die Bürger die Energiewende zahlen und die Gewinne der Stromkonzerne dabei unangetastet bleiben, überrascht nicht. Sonst hätten die Abgeordneten sicherlich nicht für das neue Mietrecht gestimmt, das diese Probleme nur noch verschärft.

Wer sich für die Rechte von Mieterinnen und Mietern einsetzt, der hat auch immer einen Blick auf die Energiepolitik des Landes. Darum ergänzt Siw Mammitzsch die Forderungen der Mietergemeinschaft Essen: "Mieter dürfen nun die Miete nicht mehr mindern, wenn der Vermieter eine energetische Sanierung durchführen will. Aber schon vorher war das Recht auf Seiten der Vermieter - darum muss eine Neuregelung dringend her, die Modernisierungskosten nicht einfach auf die Mieter abwälzt und dem Vermieter langfristig neue Gewinne beschert."


>>> Rechtsberatung für Mieterinnen und Mieter
 


Arbeitsgemeinschaft der Mietervereine Bochum, Dortmund, Witten, Mietergemeinschaft Essen

Kontakt | Sitemap | Datenschutz | Impressum