Die beiden WIR-Projekte sind keine aus der heute so viel und gern propagierten Kategorie "Mehrgenerationenwohnen". Daran haben die Mitglieder zwar auch anfangs gedacht, aber bald sagte jemand aus der Gruppe: "Das habe ich jetzt - im Mehrfamilienhaus." Und da man sich ja auch bei anderen Wohnprojekten umgesehen hat, setzte sich die Erkenntnis durch: Die Jungen haben meist ganz andere Probleme, und reichlich Kinderlärm ist für ältere Menschen auch meist eher ein Problem als Quell der Freude.
Dass es häufig nicht gerade leicht ist, junge Familien für den Einzug in ein Mehrgenerationenprojekt zu gewinnen, konnte man auch auf der Tagung Wohnen im Quartier - auch im Alter lernen, die am 11. 11. in Bochum stattfand. Neben den üblichen Wissenschaftlern, Politikern und Praktikern referierte dort auch der Fernsehjournalist Sven Kuntze, bekannt aus dem ARD-Morgenmagazin und später dem -Hauptstadtstudio.
Seit Mai 2007 ist auch er im (Un-)Ruhestand und ging als "Neu-Rentner auf Entdeckungsreise". 2008 wurde er mit dem Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie "beste Reportage" ausgezeichnet für seinen Film "Alt sein auf Probe". Sieben Wochen war er dafür in ein Seniorenheim gezogen, und inwischen hat er auch alle anderen Wohnformen für ältere Menschen getestet.
Zum Thema "Mehrgenerationenwohnen" sagte er schlicht: "Haben wir als Junge so viel mit Alten gemacht, wie wir es heute von den Jungen erwarten?" Zum Thema Alten-WG: "Es ist ein Fehler, sich das so vorzustellen, wie wir als Junge früher in WGs gelebt haben. Es gibt wohl nicht viele, die das über mehrere Jahre schaffen werden."
Auch am Nimbus "bis zuletzt selbstständig" kratze er ganz beherzt. Für seine Reportage hatte er ein alte Frau portraitiert, deren soziale Kontakte sich auf das wöchentliche Telefonat mit ihrer Tochter und das zweimal tägliche Erscheinen des ambulanten Pflegedienstes beschränkte. "Sie war würdevoll, aber trostlos einsam."
"Wäre es nicht besser", fragte er die fast 100 Teilnehmer, "Altenheime zu bauen, in denen die Menschen aktiv, individuell und fröhlich leben können? Ich habe eins kennen gelernt in Amerika, wo die Bewohner voll integriert waren in die Arbeit im Heim: Bar, Verwaltung, Reparaturen, Sterbebegleitung. Selbsthilfe muss eh sein, weil es viel zu wenig Junge gibt, die die ganzen Alten versorgen können. Aktiv bleiben ist wichtig - Muckibude statt Rollator!"
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