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3. Dezember 2011 (Sonstige Unternehmen)

Wohnhochhäuser in Dortmund - Mal hoch hinaus, mal tief gefallenen

Im Dortmunder Stadtbild wirken sie wie bedrohliche Monster aus einer anderen Zeit: Wohnhochhäuser der 1970er Jahre. Ob Hannibal I und II oder "Horrorhaus", jedes dieser Gebäude hat seine eigene Geschichte. Während die einen unauffällig funktionieren, warten die anderen zugemauert auf ihren Abriss. Und andernorts gibt es sogar Wartelisten für eine Wohnung.

Ideale
"Damals waren die Mieter handverlesen", erinnert sich Regine Stoerring, Pressesprecherin der DOGEWO21, an die Eröffnungwelle in den 1970er Jahren. "Gebäude wie der Hannibal I an der Bornstraße oder die Zwillingshochhäuser Kielstraße/Heiligegartenstraße galten als bevorzugter Wohnraum. Zurecht. Zahlreiche Wohneinheiten waren als Maisonettewohnungen über zwei Geschosse geplant, es gab riesige Balkone. Die Wohnungen waren hell und in zentraler Lage."

Ähnlich verhielt es sich mit der Großsiedlung Clarenberg in Hörde. Zwischen 1969 und 1973 entstanden 25 bis zu 17-geschossige Gebäude mit Wohnraum für mehr als 3.000 Menschen. Die Absichten der Bauherren waren löblich: günstiger Wohnraum, die Angleichung der sozialen Verhältnisse und die strikte Trennung von Arbeit und Wohnen. Fortschrittsgläubig und zuversichtlich wurde selbst eine Spielplatzeröffnung am Clarenberg mit Schlagerstar Jürgen Marcus medienwirksam in Szene gesetzt.

Angsträume
Aber bereits wenige Jahre später überholte die Realität die gutgemeinten Ideen. Viele Hochhäuser waren zu anonym und konnten das steigende Bedürfnis nach Individualität nicht befriedigen. Identifikationsmöglichkeiten mit dem Ort fehlten ebenso wie Raum für soziale Kontakte. Hinzu kamen politisch hausgemachte Probleme: Da die Hochhäuser und Großsiedlungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus gefördert wurden, mussten besserverdienende Mieter Ausgleichszahlungen leisten, was die Wohnungen für mittlere Einkommensgruppen unattraktiv machte und teilweise zu Auszügen führte. Entscheidender waren jedoch die hohen Betriebskosten (2. Miete), die die Hochhäuser unattraktiv machte. Hinzu kamen unübersichtliche Freiräume, niedrige Eingangsbereiche und dunkle Gebäudeecken. Diese wurden als subjektive Angsträume wahrgenommen. Vandalismus war häufig anzutreffen.

Ungleiche Zwillinge
An einigen Stellen in Dortmund ist es gelungen, die alten Riesen zu zähmen. An anderen Stellen gelang dies nicht. Symptomatisch für die unterschiedlichen Entwicklungen sind die beiden baugleichen Punkthochhäuser an der Kiel- und Heiligegartentstraße. Anfang der 1990er Jahre verkaufte die Veba Wohnstätten (die spätere Viterra) das modernisierungsbedürftige Hochhaus Kielstraße 26 an drei Investoren aus Süddeutschland. Diese wandelten die 102 Wohneinheiten in Eigentumswohnungen um und versprachen den Käufern aus dem süddeutschen Raum Renditen, die in der Dortmund nicht zu erzielen waren. Notwendige Investitionen blieben aus, erhebliche Zahlungsrückstände bei Ver- und Entsorgungsunternehmen spitzten die Lage weiter zu. In der Presse sprach man vom "Horrorhaus". 2003 räumte die Stadt schließlich das Gebäude. Und wartet seitdem darauf, es abreißen zu können.

Ein paar Meter weiter: der Zwilling zum Horrorhaus. "Man muss in so ein Haus investieren", sagt Regine Stoerring.

DOGEWO21 ist Besitzer dieses Hauses. "Das müssen nicht immer riesige Summen sein. Natürlich haben wir größere Baumaßnahmen durchgeführt, etwa im Bereich der energetischen Modernisierung. Der Eingangsbereich wurde vergrößert und mit hellen, hochwertigen Materialien ausgestattet. Aber vieles ist bewusst kleinteilig und unter Einbeziehung der Bewohner angelegt. Weil wir beispielsweise die Farbgestaltung der Flure den Bewohnern überlassen, entsteht eine Beziehung zum Haus."

Im Gegensatz zur Kielstraße funktioniert das Hochhaus an der Heiligegartenstraße. Nicht immer reibungslos, wie Stoerring zugibt, aber es gibt keinen nennenswerten Leerstand. Ein hauptberuflicher Hausmeister kümmert sich: um das Haus, aber auch ein Stück weit um die Bewohner. Er ist Ansprechpartner. Stoerring bringt es auf den Punkt: "Niemand muss sich schämen, dort zu wohnen"

Ungewisse Zukunft
Dass auch DOGEWO21 kein Patentrezept besitzt, wenn es um Hochhäuser geht, zeigt der Hannibal II in Dorstfeld. Das Gebäude wurde Anfang der 1970er Jahre gebaut und umfasst 420 Wohnungen. 2004 verkaufte DOGEWO21 den Koloss an die Janssen & Helbing GmbH. "Die Investitionen, die wir machen konnten, haben nicht gereicht. Auch wenn wir uns unserer sozialen Verantwortung bewusst sind, haben wir ebenso den Auftrag, wirtschaftlich zu handeln." Im Besitz von Janssen & Helbig ging es weiter bergab mit dem Hannibal. Im Dezember wird das Gebäude zwangsversteigert. Der Preis: 3,7 Mio. Euro. Minimaler Investitionsbedarf, um das Allernötigste zu richten: rund 10 Mio. Euro. Damit die Lage sich dort nicht weiter verschlimmert, muss der zukünftige Käufer viel Geld in die Hand nehmen.

Rosige Aussichten
Im Dortmunder Süden, in Löttringhausen, steht hingegen ein Positivbeispiel. "Ein Hochhaus wie aus dem Bilderbuch" titelten schon 2007 die Ruhr Nachrichten und berichteten ausführlich über das Hochhaus Langeloh 4. 1973 erbaut, 127 Wohnungen, 13 Geschosse, zwei Drittel der Bewohner sind über 50 Jahre alt und rundum zufrieden. Dort funktioniert das Miteinander. Man kennt sich, trifft sich, grüßt sich. Im Begegnungsraum, einer den Bewohnern zur Verfügung gestellten Wohnung, wird Skat gespielt und gemeinsam Kaffee getrunken. Vieles davon beruht auf Eigeninitiative der Mieter. Die Wohnungsgesellschaft unterstützt jedoch das Miteinander der Bewohner. Man weiß, dass Hochhäuser nur funktionieren, wenn sich die Mieter mit ihrem Haus identifizieren und Verantwortung übernehmen. "Es gibt sogar eine Warteliste für dieses Haus", sagt
Regine Stoerring und führt einen weiteren Vorteil an: "In vielen zwei- oder dreigeschossigen Gebäuden ist die Barrierefreiheit nicht gegeben. Für ältere Menschen ist eine Wohnung im zweiten Geschoss eines Vierfamilienhauses oft bereits ein Hindernis, um soziale Kontakte zu pflegen. Hier ist auch die zehnte Etage dank des Fahrstuhls kein Problem. Und die Aussicht von da oben auf Dortmund ist wundervoll."

Zukunft
Es lässt es sich in den Wohnmonstern der 1970er Jahre gut leben, wenn die Eigentümer in diese Häuser investieren. In die Bausubstanz und in (Frei-)räume, in denen soziale Kontakte gepflegt werden können. Und, wenn den Bewohnern die Möglichkeit gegeben wird, sich mit dem Gebäude zu identifizieren. Der Clarenberg und das Haus Langeloh 4 sind gute Beispiele dafür. Wenn solche Häuser aber als reine Renditeobjekte gesehen werden, können sie auch ganze Wohnquartiere in einen Abwärtsstrudel hineinziehen. Die kommende Zwangsversteigerung des Hannibal II wird zeigen, wohin der Weg in Dorstfeld gehen wird.


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